Sonntag, 30. Mai 2021

Dekonstruktion der Mystik & Anerkennung der inneren Mystik als Teil unserer Inneren Natur.

Ich habe mehrfach Situationen erlebt, in denen ein Teil meines Ichs gestorben ist. Eine hat sich erst vor kurzem zugetragen. Die Situationen waren recht unterschiedlich. Alle Erfahrungen sind Wachbewusst geschehen. Bei zwei Erfahrungen war ich psychotisch.

Ego Tod mit Blackout

-(2014) Einmal ergab ich mich Gott und schlief ein. Emotional ging es aber um die Hingabe zu sterben. Gott war da noch im Außen. Er sagte mir, das reicht mir für diesen Moment. Ich fühlte mich ihm gegenüber klein und ohnmächtig. Die Folge war, dass sich all meine Körperpanzerungen in wenigen Tagen auflösten und ich ganz angstfrei wurde. Dann gab es auf einmal keine Probleme mehr. Ich wünschte mir dann tatsächliche Probleme, weil mein Ego es gewohnt ist, Probleme zu lösen und ich wusste gar nicht, was ich ohne Probleme noch machen soll? Wer bin ich dann noch? Es war plötzlich als ob ob alles zu Ende war. Ja tatsächlich wünsche ich mir dann neue Probleme, damit ich die Lösungen finden konnte. Da ich Ich kanns auch nicht fassen. Und so kehrte ich zurück in mein Ego. Im Nachhinein verstehe ich jedoch, dass ich noch das starke Bedürfnis hatte, eine eigene Identität aufzubauen, was traumabedingt lange Zeit nicht möglich war. Aus diesem Grund, sehe ich die Rückkehr in das Ego auch nicht als Fehler, sondern als Notwendigkeit.

-(2016) Einmal wurde ich im Zustand einer spirituellen Krise (Psychose) scheinbar gewalttätig bedroht, so dass ich um mein Leben kämpfte und mich entscheiden musste, ob ich einen geliebten Menschen töte oder selbst getötet werde. Stundenlang rang ich um eine Lösung, denn beides war unerträglich, bis ich zusammenbrach und entschied: Ich kann nicht mehr. Ich will das nicht entscheiden. Ich will der Frieden sein. Im Zweifelsfalls töte mich. Im Zweifelfalls entscheide ich mich der Frieden zu sein. Dann habe ich mich töten lassen. Gott (im Außen) stach mit mir einem Messer in den Rücken. Ich starb und fiel astral durchs Bett in eine nicht physischen Welt. Dann legte Gott seine Hand auf die Wunde im Rücken und ließ Liebe in mich fließen. Ich kam zurück in meinen Körper. Liebe machte mich lebendig. Ich lebe weil ich mich liebe. Ich war in einem Zustand absoluten Friedens. Freiheit. Ich entschied völlig angstlos, ich gehe nicht mehr zur Arbeit (denn da ging es mir nicht gut). Mein Freund schliff mich daraufhin zum Arzt, weil er überfordert mit den psychotischen Auswüchsen war und ich rutschte nach und nach wieder in mein Ego. Damals war ich 4 Monate in dem Zustand.

-(2016) Einmal musste ich mich damit auseinandersetzen, dass ich alles verliere was ich bin und was ich habe. Es war eine qualvolle Begegnung mit großen Verlustängsten. So in etwa, wie wenn man an einer schweren Krankheit stirbt, obwohl man noch zu jung zum sterben ist. Am schlimmsten war es, zu spüren, dass ich noch nicht die Gelegenheit hatte, ein erfülltes Leben zu leben, denn ich habe lange Zeit meine eigene Identität nicht leben können. Es war ein Gefühl nicht fertig zu sein mit dem Leben. Schlimm war auch meinen Freund zurück lassen zu müssen. Ich habe so eine große Liebe gefühlt für mein Leben, aber es wurde mir aus den Händen gerissen. Das war grauenhaft. Ich hatte sehr große Angst. Mein ganzer Körper hat gezittert. Ich habe mit den Zähnen geklappert. Ich wurde trotz innerem Widerstand getötet, weil jemand im Außen sagte, das muss sein. Ich sah die ganze Situation aus einer energetisch-visuellen Perspektive. Ich hatte nur noch ein leuchtendes goldenes Stückchen am Herzchakra. Das letzte was ich hatte, das wurde mir dann genommen. Dann starb ich in völliger Schwärze. Ich sagte ja zu der Auslöschung, weil ich keine Kraft mehr hatte mich zu wehren. Ich hatte viele Stunden dagegen angekämpft. Ich wurde Unbewusst. Aus der Schwärze heraus klang die Stimme Gottes, die sagte, dass das Licht die Dunkelheit immer wieder erlösen wird. Das goldene Licht kam zurück und umfasste mein Wesen vollständig bis mein Körper wieder dort lag, wo ich gestorben war. Mein Bewussten war weit. Alle Chakren waren offen. Ich war frei vor meiner Lebensangst. Nach 6 Monaten rutschte ich dann wieder ganz zurück ins Ego, bis dann die Dunkle Nacht der Seele begann.

Die Erfahrungen 2016 waren beide während einer Psychose entstanden. Nur deshalb konnten mir diese äußeren Kräfte, so eine Angst machen. Nach diesen Erfahrungen hatte sich meine Haltung zum Ego Tod geändert. Ich habe erkannt, dass es meine eigene Agression, meine eigene Selbstauslöschung ist, die diese Erfahrungen für mich so brutal gemacht haben. Ich habe mich selbst getötet, weil ich das für notwendig hielt. Die Heftigkeit dieser Erfahrungen hatte mich dann zum Umdenken bewogen. Ich habe für mich entschieden, meinen spirituellen Weg geduldiger und liebevoller gestalten zu wollen.

Ego Tod ohne Blackout

- (2018) Einmal habe ich eine ganz sanfte Sterbeerfahrung gehabt, weil ich mich bewusst aus sozialen Strukturen befreit habe und die Anbindung an das Kollektiv zu Gunsten meiner Individualität verlassen habe. Ich spürte wie mein Körper als Folge, dessen Astral wurde. Dann wusste ich: Ich bin Tod. Angst war da, aber sehr subtil. Diese Erfahrung hat mich gelehrt, dass der Tod auch auch ganz sanft und friedlich geschehen kann. Es war Akzeptanz da. So hatte ich jetzt sehr unterschiedliche Erfahrungen. Einmal brutal im Widerstand und einmal sanft und in Akzeptanz. Das fand ich ganz wichtig, um mir da keinen Standpunkt zu bilden. Ich kenne Menschen die propagieren, dass der Ego Tod einfach nur loslassen bedeutet und die keinen Respekt vor einem qualvollen Strebeerfahrung haben. Ich könnte so auf Grund dieser sehr heftigen Erfahrungen von 2016 nie reden. Somit haben mir diese Erfahrungen Demut gebracht, sehr gut aufzupassen was ich sage, wenn ich über spirituelle Erlebnisse spreche. 

(2018) Einmal saß ich vor dem Fernseher. Ich hatte ein enstpanntes Mindset. Ich schaut Big Bang Theory und war plötzlich eins mit Sheldon Cooper. Wir waren das selbe. Ich schaue auf meinen Körper und erkannte, dass meine Existenz ein Film ist. 3 Tage war ich in diesem Zustand, wo ich mich selbst nur noch als eine Lichtkugel wahrgenommen habe, die auf einen Film schaut. Ich war das was nicht berührt werden konnte. Trotzdem habe ich alle Emotionen gespürt, ja sogar viel tiefer, als sonst, denn ich hatte keine Angst mehr. Dieser Erfahrung hat mir deutlich gemacht, dass es eine Unterscheidung zwischen einen dissoziativen Spirituellen Erfahrung und einer integrativen Spirituellen Erfahrung gibt. Das war meine erste wirklich integrierte Erfahrung. Ich hatte keine Angst mehr. Ich war Tod. Es gab mich nie. Es gab einen kleinen Schrecken, als ich das realisierte. Ich wusste dass alles möglichlich war. Das war die beste Gipfelerfahrung, die ich bisher hatte.

- (2021) Einmal habe ich eine Sterbeerfahrung gehabt, bei der ich nicht gestorben, bin bei dem ich einen großen Kontrollverlust erlebt habe, indem ich mich dem Tod zwar nahe fühlte, aber nicht dieses Blackout in der Schwärze des Todes hatte, wie in den ersten drei Erfahrungen. In dem Gefühl von Kontrollverlust, welches dem Fallen in eine Leere vom Gefühl her ähnelte, sind Selbstanteile bewusst transformiert worden.

Nachwirkungen

Alle Erfahrungen hatte intensive Nachwirkungen. Ich habe mich für einen gewissen Zeitraum in einem neuen weiten und befreiten Bewusstseinszustand befunden. Bei den Erfahrungen mit Blackout, hat sich das Ego wieder wieder vollständig restauriert, denn es waren nur Zustände, keine erreichten Stufen. Bei den Erfahrungen ohne Blackout (Tod), scheinen die Nachwirkungen auf eine nachhaltige Weise in die Persönlichkeit integriert worden zu sein. Jedoch auch hier, erlebe ich immer wieder wie sich das Ego in gewissen Teilen restauriert.

Dekonstruktion und Erklärungsversuch

Ich möchte den Begriff aus dem mystischen Verständnis herausholen, um ihn als ein rational erklärbares Phänomen betrachten zu können.

Dabei hilft mir das integrale Modell (Spiral Dynamics), weil durch das Stufenmodell ersichtlich wird, das was für den einen Menschen mystisch erscheint, es für den Nächsten ein psychologisch erklärbarer Entwicklungsprozess sein kann. Aus einer rationalen Ebene heraus, würde ich den Ego Tod daher als einen Entwicklungssprung, als einen Übergang zu einem neuen Selbstbild betrachten.

Der Grund, warum diese Erlebnisse so stark emotional aufgeladen sind, ist dass es sich um eine Initiation handelt. In unserem westlich geprägten Kulturverständnis sind leider fast alle initiatorischen Rituale verloren gegangen. Die Natur (unsere emotionale Seinsebene) beinhaltet diese jedoch, weil sie ganzheitlich ist. Meine Beobachtung ist, wenn wir intensive Entwicklungsschritte machen, werden wir möglicherweise mit Initiatorischen Erfahrungen konfrontiert, die aus uns selbst heraus geschehen, für die wir mitunter jedoch kein Konzept haben. Ich habe früher oft gedacht, jetzt werde ich verrückt, aber heute glaube ich daran, dass all das was in solchen Moment aus uns hervor bricht, immer schon ein Teil von uns war.

Ich habe mich zb früher weder mit Religion, noch mit Schamanismus Beschäftigung, aber in energiegeladenen spirituellen Zuständen, kamen diese Anteile von mir hoch und traten ins Bewusstsein. Zum Teil hatte ich einen inneren Konflikt, an diese Stelle, weil ich mich eher einem wissenschaftliche orientierten Weltbild nahe fühlte und plötzlich bekommt man Kontakt zu einem Inneren Schamanen. Ich glaube man kann diese Phänomene deshalb gar nicht alleine innerhalb unseren angelernten rationalen Konzepten erklären. Im Prinzip ist es ja logisch, wenn ich alles, bin ich auch ein Schamane, selbst dann wenn ich in einer westlichen Welt aufgewachsen bin um mit mit dem Thema nie etwas am Hut hatte. Genau das ist der Ego Tod, das du eben nichts mehr weißt, weil du keinen Standpunkt mehr ernsthaft aufrecht erhalten kannst. Wenn wir in einer Welt leben, die wir durch unseren Versuch alles zu kontrollieren von unserer wahren Natur entfremdet erleben, dann kann es uns erschrecken, wenn uns dann die wahre nackte Natur, in uns selbst begegnen, die all unsere Verstandeskonzepte dekonstruieren.

Ich nehme durch meinen dekonstruktiven Ansatz gerne spirituelle Konzepten, wie zb der Mystik die Macht und verwandelte mein Erlebnis durch eine neue Betrachtungsweise, dass es meiner aufgeklärten Lebenswirklichkeit mehr entspricht. Und ja dem Ganzen wird etwas Magisches genommen, aber man erhält auch neue Sichtweisen, die uns wieder etwas geben. Für mich hat eine aufgeklärte Sichtweise mystischer Phänomene den Vorteil, dass ein Phänomen für viele Menschen verständlich und erfahrbar wird. So wie wir als aufgeklärte Klarträumer wissen, dass wir vor der Schlafparalyse keine Angst haben müssen, weil wir wissen, dass es ich um ein natürliches Phänomen so können wir vielleicht auch den mystischen Tod erforschen. Die emotionale Qualität der mystischen Erfahrung geht für mich trotz der rationalen Dekonstruktion der Mystik nicht verloren, denn jedes dieser Erlebnisse war für mich höchst emotional, tief bewegen, erschütternd, bewusstseinserweiternd und hat mein ganzes Sein verändert.

Der Unterschied von einer mystischen Erfahrung zu einer zutiefst emotionalen Erfahrung, ist für mich der Grad der Bewusstheit über das, was mir da geschehen ist. Wenn ich vom mystischen Ego Tod spreche, dann weise ich einen Teil meines eigenen Selbst von mir, nämlich den Teil, der sich seiner Selbst bewusst ist. Wenn ich so ein Phänomen jedoch als einen psychologischen Entwicklungsprozess verstehe kann, mit höchster Anerkennung und Respekt, ja mit Demut gegenüber dem, was mein Selbst für mein Ich völlig unkontrollierbar aus den Tiefen meines Unbewussten hervorbringt, dann geht die Mystik und die Magie, die Schönheit der göttlichen Erfahrung überhaupt nicht verloren.

Verloren würde die Mystik, die Magie gehen, wenn wir vor lauter engstirniger kühler Rationalität, alles begradigen so dass das Wunder das wir sind, durch ein rein konzeptuelles Denken begrenzen und aberkennen. Wir begrenzen uns, indem wir sagen, das geht nicht. Ein Mensch kann das nicht. Das ist unmöglich. Das sind alles Begrenzungen, die aus Angst vor dem eigenen Wunder geschehen, welches du selbst bist. Ich glaube das alles möglich ist. Alles. Es gibt keine Grenzen. Für mich gibt es immer nur meine Grenze, die ich in meinem Ich erzeuge. Auch zu recht, zb weil ich mich gelegentlich schützen muss. Aber Grenzen sind aus meiner Perspektive rein subjektive und temporäre Grenzen.

Ich dekonstruiere mystische Begriffe, und übersetze sie in eine alltagstaugliche Sprache, weil mir das hilft, mich mittels meinem Verstand mein eigenes Selbst in der Tiefe zu verstehen. Dazu ist es aus integraler Sicht notwendig, dass die emotionale Komponente so einer Erfahrung zutiefst gewürdigt wird. Ich bin mir deshalb nicht sicher, ob diese Zustände mit wissenschaftlichen Methoden bereits erforscht werden können, so lange die Wissenschaft keine größere Wertschätzung für die subjektiven Seiten einer Erfahrung aufbringt. Das ist meine einzige Kritik an der Wissenschaft überhaupt und aus meiner Sicht der Grund, warum mystische Erfahrungen durchs Raster des belegbaren fallen. Es fehlt die Würdigung des Subjektiven und somit die entsprechende Ausrichtung.

Diese Würdigung des Subjektiven kann ich meinen rationalen Beschreibungen nur deshalb hinzufügen, weil ich meine emotionalen Bedürfnisse würdige. Noch nicht immer ganz verstehe, aber ich arbeite kontinuierlich dran. Dadurch erweitert sich meine rationale Sprache um eine weitere Dimension, die Welt der Emotionen. Auch dieser Aspekt wird im Integralen Modell beschrieben, weil es sich, da ja um einen dualistischen Weg zum Erwachen handelt. So verstehe ich die Auseinandersetzung mit meinem Trauma, immer mehr als eine sehr große Chance. Gerade durch meine Schwierigkeiten, das weltliche Leben erfolgreich zu meistern, habe ich meine Fokus auf die emotionalen Baustellen legen müssen und so ein immer tieferes Verständnis für die subjektiven und ja zutiefst subtilen Aspekte meines Leben gefunden.

Ich finde den Gedanken sehr spannend, welche Auswirkungen es hätte, wenn wir unsere mystischen Erfahrungen durch eine bewusste Sprache an unsere Umwelt weiter geben können. Eine Sprache, die nicht in Rätseln spricht, eine Sprache, die den Entwicklungsprozess eines Phänomens konkret beschreibt. Was man selbst erfahren und integriert hat, kann man ja beschreiben. Ich habe beobachtet, was ich ich selbst nicht integriert habe, kann ich nicht beschreiben. Ich weiß nicht, ob damit etwas zu bewegen ist? Ich werde das einfach mal erforschen und schauen wohin das führt.