Selbsterkenntnis durch Verstehen.
Ob du durch das
Loslassen des Verstandes, durch Meditation, durch die Stille, in
einen Zustand kommst, in dem Selbsterkenntnis geschieht oder ob du
durch den Weg des Denkens in den Zustand kommt, oder durch
irgendetwas Anderes, ist nicht wichtig. Ich spreche in diesem Text
vom Denken, doch kannst du das Gesagte auf jede andere Tätigkeit
übertragen.
Zurück zum Denken.
Wer Selbsterkenntnis sucht, benötigt ein Denken, dass konsequent bis
zum letzten Gedanken gelangt. Das Phänomen des Verstehens kann sich
selbst verstehen und einsehen, dass es endlich ist. Was sich hinter
dem Verstehen befindet, kann ich nicht beschreiben. Es kann erfahren
werden. Jede Beschreibung nutzt wieder Verstandeskonzepte, die die
Wahrheit nicht wiedergeben können. Ich könnte zwar sagen, dort war
Ewigkeit, die ich bin, aber auch das kann nur als Metapher betrachtet
werden. Man sollte sich wirklich nicht auf diese Worte festlegen.
Bis du dorthin
gelangst, musst du sehr lange und gründlich nachdenken. Am besten
suchst du dir eine Disziplin aus, die du bis zum Ende bedenkst oder
praktizierst. Eine Naturwissenschaft, eine Geisteswissenschaft, einen
religiösen oder spirituellen Weg, oder etwas ganz anderes was dir
entspricht. Vielleicht bist du Klarträumer, Sportler, Mathematiker,
Naturliebhaber oder Alchemist, Physiker, Künstler, Schriftsteller,
Neurowissenschaftler, Weltenbastler, Philosoph, Lehrer, Psychologe,
.... es ist ganz egal. Einen Schein brauchst du dafür nicht. Man
muss kein Psychologe sein um Psychologe zu sein. Man ist es einfach.
Vielleicht bist du auch eine liebevolle Mutter oder ein Mensch der
sich die Kindheit bewahrt hat. Verwirf mal die Idee, es müsste ganz
bestimmte Wege zur Wahrheit geben. Das gilt sowohl für die
spirituellen Leute, als auch für die Wissenschaftler.
Du bist schon immer
auf deinem Weg und am richtigen Ort. Du bist schon Perfekt auch wenn
du das manchmal nicht glaubst. Perfektion ist ein Gedanke, eine
Karotte auf einem Esel der du hinterher rennst, die unerreichbar ist.
Folge deiner Freude. Folgen deinem Interesse, folge deiner
Motivation. Und wenn das das Verstehen ist, dann folge auch diesem
Interesse, egal was dir von anderen Leuten gesagt wird. Wer sagt dass
das Denken nicht zum Erwachen führt, verteidigt einen festen
Standpunkt, letztlich sein Ego.
Oft denken wir
allerdings immer in den selben Bahnen. Wir denken in Kreisen, aus
denen wir selten ausbrechen. Dabei passiert bei jedem Ausbruch aus
dem Kreis Bewusstseinserweiterung. Genau das sind die spannende
Momente. Immer dann wenn du ein eigenes Tabu brichst oder eine
eigenes Dogma in Frage stellst, erweiterst du dein Bewusstsein.
Das wiederholte
Denken in Kreisform hilft nicht, denn damit bestätigen wir uns immer
wieder unser falsches Selbst. Oft geschieht das auch in kollektiver
Form, zb. in einem Kulturkreis, in Gruppen von Gleichgesinnten, in
Internetforen, etc. Man bestätigt sich seinen Glauben immer wieder
selbst und dreht sich somit als Gruppe kollektiv im Kreis. Das geht
soweit, dass man Andersdenkende ausschließest, um bloß nicht
gefährdet zu werden. Das eigene Weltbild gibt Sicherheit und deshalb
verteidigen wir es so vehement. Im Extremfall werden deshalb werden
Kriege geführt.
So kann man sich
aber nicht erweitern. So bleibt man wer man ist. Wer sich erweitern
möchte, muss neue Wege gehen, eine Offenheit für neue Ideen
entwickeln und sich möglichst Menschen stellen, die anders denken.
Gewöhne dir ein Denken an, welches neue Wege geht, sich selbst immer
wieder in Frage stellt, die eigene Aussage bereit ist zu verwerfen.
Hinterfrage alles was du weißt oder meinst zu wissen. Nachdem du
eine Aussage niedergeschrieben hast, musst du bereit sein, dich
selbst zu widerlegen. Verstehe jeden Text den du schreibst als
temporären Ausdruck des Momentes und sei Offen für weiter
Entwicklung. Verurteile dich nicht dafür, dass du deine Meinung
änderst. Das ist keine Schwäche, sondern die Stärke der
Flexibilität. Lege dich nie wirklich fest und sei immer offen dafür
ist, den eigenen temporären Standpunkt erneut in Frage zu stellen.
Schaue mal was passiert, wenn du die Demut beweist, deine Aussage zu
korrigieren. Du gelangst zu einer Freiheit.
Wenn dich jemand in
Frage stellt, oder du das gar als Angriff auf deine Person
empfindest, dann werde weich anstatt deinen Standpunkt zu
verteidigen. Lasse dich treffen. Spüre deinen Widerstand, deine
Abwehr und erlaube dir einzubrechen. Fühle in die Abwehr, lasse das
Gefühl zu. Fühle was sich dahinter verbirgt. Vielleicht Trauer,
Wut, Angst. Fühle was auch immer dahinter ist. Fühle die
aufkommende Emotion mit der dein Ego zerbrochen wird. Lasse dich
töten, immer wieder. Sei dankbar für den Konflikt. Das spirituelle
Sterben meint das Loslassen von einschränkenden Glaubenssätzen. In
diesen Momenten fühlen wir meist einen Widerstand, der aber nur dazu
dient das falsche Selbst aufrechtzuerhalten. Wenn wir es schaffen, im
Gefühl des Widerstandes weiter zu gehen, erleben wir immer Befreiung
von Einschränkungen.
Sterben ist also
nicht negatives, es ist eine Erweiterung des eigenen Selbstbildes.
Ich glaube das wir unendlich oft sterben können und neu immer wieder
geboren werden. Manchmal ist das Sterben sehr intensiv, dann haben
wir ein Gefühl, als sei ein Stück von uns weggebrochen. Manchmal
empfindet man dann eine regelrechte Leere an der Stelle wo vorher
etwas war. Manche sagen dann ihr Ego sei gestorben. Aber ich glaube
das Ego ist genauso unendlich, wie unsere Existenz. Das Sterben hört
nie auf, es sei denn wir legen uns fest wir seinen gestorben. Doch
auch das rate ich zu hinterfragen.
Manchmal entsteht
nach dem Sterben ein leeres Loch und es kommen unangenehme Gefühle
hoch. Doch wenn du diese fühlst und zulässt, wird hinter der Leere
etwas neues auftauchen. Leere und Sinnlosigkeit sind nur temporäre
Erscheinungen. Lege dich auch nicht auf die Sinnlosigkeit fest. Es
geht immer weiter. Denke nicht hier geht es nicht weiter, da ist
alles Sinnlos. Hinterfrage die Sinnlosigkeit. Fühle wie du von einer
einschränkenden Sichtweise befreit wurdest. Wenn du das ein paar mal
erlebt hast, wird es immer leichter weich zu werden. Du vertraust
immer mehr in den Prozess, weil du schon oft erlebt hast, dass nach
jedem Tod neues Leben entsteht. Der Weg des Denkens kann nicht ohne
das Fühlen begangen werden. Denken und Fühlen müssen eine Einheit
bilden.
Wer es schafft das
Denken zu nutzen, um sich selbst immer wieder neu zu erschaffen,
kann das Denken als einen möglicher Weg nutzen, um in die Stille und
zur Selbsterkenntnis zu gelangen. Denken und Stille ist kein
Widerspruch. Denken und Fühlen ist kein Widerspruch. In spirituellen
Kreisen wird das Denken oft dogmatisch tabuisiert. Da wird viel
geglaubt, anstatt es selbst zu hinterfragen.
Menschen die ein
ausgeprägtes kritisches Bewusstsein haben, wollten aber nicht mehr
blind glauben, sie müssen etwas selbst prüfen, denn das entspricht
ihrem Bewusstseinsstand. Im religiös geprägten Weltbild konnten wir
noch glauben, im wissenschaftlichen Weltbild, sind wir aufgerufen die
Realität kritisch zu hinterfragen. Dieses machen wir durch Prüfen,
Messen, Hinterfragen. So oft habe ich von Spirituellen gehört, geh
aus dem Verstand. Aber alle die mir das gesagt haben, haben dann
nicht verstanden, das Glauben nicht für jeden Menschen der richtige
Weg ist, das Selbsterkenntnis nicht kausal ist und das man das Denken
integrieren kann und nicht systematisch ausgrenzen muss.
Wenn man wie ich ein
Versteher ist, dann würde das bedeuten einen Teil von sich selbst zu
verleugnen und zu verurteilen. Mein Herz hat mir bei solchen
Ratschlägen immer gesagt, dass das Verstehen mein Weg ist und dass
ich alles integrieren möchte. Und so habe ich auf mein Herzgefühl,
auf meine innere Stimme gehört und niemandem geglaubt, egal welche
Autorität oder Anerkennung dieser Mensch besaß. Ich habe mein
inneres Gefühl zur obersten Autorität erklärt. Der innere Guru hat
immer das letzte Wort. Manche nennen dieses auch Intuition. Hinter
dem letzten Gedanken passiert das Gleiche wie in der Stille, mit den
Unterschied, dass das Denken nicht zum Feind der Selbsterkenntnis
deklariert wird, sondern integriert wird. Wenn ich Alles bin, bin ich
auch das Denken. Wenn Denken geschieht, geschieht es. Wenn Denken
wegfällt, fällt es weg. Jegliche Bewertung ob Denken oder nicht
Denken, kann nur aus dem Ego geschehen, welches einschränkende
Vorstellungen hat.
Selbsterkenntnis
hängt von nichts ab. Jeder Bewusstseinsforscher, jeder spirituelle
Sucher, jeder Wissenschaftler, jeder Esoteriker, jeder
Wahrheitssuchende, geht immer schon den richtigen Weg, nämlich
seinen ganz individuellen und jeder kann seine individuelle Form von
Selbsterkenntnis auf seinem Weg finden. Das Urteilen und Bewerten
über den Anderen dienen letztlich immer nur dem eigenen Verstehen.
Deshalb gibt es Lehrer, Meister oder andere Klugscheißer. Der Lehrer
hat sich oft festgelegt, um einen Standpunkt zu verbreiten, doch
solange ein Lehrer belehrt, tut er dies um zu lernen. Denn er braucht
einen Spiegel. Er braucht Fragen die er beantworten kann. Er braucht
einen Platz zum Klugscheißen. Die einzige Lösung der Festlegung zu
entgehen, ist sich seine Offenheit zu bewahren und zu erkennen das
Schüler und Lehrer eins sind. Es ist Bewusstsein, dass sich selbst
in vielfältiger Form erfährt.
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